Internationales Erbrecht

Das internationale Erbrecht gewinnt immer mehr an Bedeutung. Die Globalisierung hat sich nicht nur auf unser Wirtschaftsleben, sondern auch auf andere Bereiche ausgewirkt. Viele Menschen haben mittlerweile ihr Vermögen im Ausland angelegt, so dass spätestens im Erbfall die Frage auftaucht, welches Erbrecht zur Anwendung kommt. Bereits die Immobilie am Gardasee, in der Toskana, auf Mallorca oder an der Côte d’Azur führt dazu, dass man sich bei der Regelung der Vermögensnachfolge mit der Frage auseinandersetzen muss, ob internationales oder ausländisches Recht die Vermögensübertragung beeinflussen. Jährlich zählt man inzwischen etwa 450.000 Erbschaften in der EU mit Auslandsbezug.

Fälle internationalen Erbrechts

  • Der Erblasser ist Staatsangehöriger eines anderen Staates oder staatenlos.
  • Der Erblasser hatte seinen letzten oder gewöhnlichen Wohnsitz außerhalb von Deutschland.
  • Es gibt Nachlass-Vermögenswerte außerhalb von Deutschland.
  • Eine letztwillige Verfügung/ein Testament oder ein Ehevertrag wurde im Ausland errichtet.
  • Einer der Erben wohnt im Ausland oder ist ausländischer Staatsangehöriger.

Der Rechtsanwalt muss dann nicht nur das Erbrecht im Auge behalten. Bei den hier aufgelisteten Fällen können auch das Staatsangehörigkeitsrecht, das Steuerrecht, das Familienrecht sowie das Immobilienrecht relevant werden. In Fällen des internationalen Erbrechts haben daneben ebenso Staatsverträge, Abkommen, europarechtliche Vorgaben (EU-Verordnung), das deutsche sowie das ausländische internationale Privatrecht (IPR) Relevanz.

Der Laie findet sich in Fällen internationalen Erbrechts nicht zurecht. Google hilft nur begrenzt weiter, da die Regelungen oft auch für nicht spezialisierte Juristen nicht zu verstehen sind. Selbst Nachlassgerichte tun sich bei internationalen Erbrechtsfällen manchmal schwer. Dies liegt vor allem an folgenden drei Fallstricken:

  • Gewöhnlicher Aufenthalt: In der EU ist die Anwendbarkeit eines nationalen Erbrechts vom gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers abhängig. Das Gesetz definiert den Begriff „gewöhnlicher Aufenthalt“ jedoch nicht.
  • Die Rechtsordnungen einzelner Länder unterscheiden sich teilweise erheblich. Nicht selten ist es erforderlich, sich Rat eines ausländischen Rechtsanwalts einzuholen, der auch die eigene Sprache spricht.
  • Nicht alle Gestaltungsmöglichkeiten werden in allen Ländern gleich anerkannt. Die südeuropäischen Rechtsordnungen erkennen z.B. das in Deutschland beliebte Berliner Testament nicht an. Entgegen dem letzten Willen des Erblassers kann es in solchen Fällen zur Anwendung der gesetzlichen Erbfolge kommen.

Erbrecht in der EU

Seit dem 17.08.2015 gilt in der EU die EU-Erbrechtsverordnung. Diese hat sich auf das bis dahin geltende Erbrecht erheblich ausgewirkt. Grenzübergreifende Erbfälle werden seitdem in der EU einheitlich geregelt. Erben ist in Europa einfacher geworden. Bei grenzüberschreitenden Erbfällen gilt in der EU für den gesamten Nachlass das Recht des Staates, in dem der Erblasser zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Gleiches gilt für die Zuständigkeit von Gerichten und Behörden. Auch diese richtet sich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt. Diese Gesetzeslage führt dazu, dass jeder zukünftige Erblasser, der im Ausland lebt, genau prüfen sollte, wie das Erbrecht seiner Wahlheimat ist. Die Deutschen haben noch nie so viele Immobilien im Ausland besessen. Die Ferienimmobilien in der Toskana, am Gardasee, auf Mallorca oder an der Côte d’Azur werden in vielen Fällen Altersruhesitz. Insofern ist die aktuelle Gesetzeslage öfter relevant, als es den Anschein hat.

Dies hat zur Folge, dass jeder zukünftige Erblasser Testamente und sonstige letztwillige Verfügungen prüfen lassen sollte. Zwar bleibt ein Testament, das nach dem damals geltenden Recht errichtet wurde, weiterhin formell wirksam. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich im Erbfall die aktuelle Gesetzeslage nach Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung auf die inhaltliche Gültigkeit sowie die Auslegung der letztwilligen Verfügung auswirkt. Die nationalen Erbrechte der Mitgliedsstaaten der EU sind trotz der EU-Erbrechtsverordnung weiterhin zum Teil sehr unterschiedlich, so dass böse Überraschungen für die Erben drohen und der letzte Wille des Erblassers nicht umgesetzt werden kann. Teilweise wird die Beauftragung eines ausländischen Rechtsanwalts in der Wahlheimat erforderlich sein und die Beratungskosten schießen unkontrolliert in die Höhe.

Die Ausübung eines Wahlrechts zur Anwendbarkeit des Heimatrechts kann im Einzelfall daher sinnvoll sein.

Europäischer Erbschein

Die EU-Erbrechtsverordnung hat darüber hinaus den sog. europäischen Erbschein/das sog. europäische Nachlasszeugnis eingeführt. Der europäische Erbschein verdrängt zwar nicht den deutschen Erbschein. Er hilft jedoch in grenzüberschreitenden Erbfällen, den Nachweis des Erbschaftsanfalls zu erleichtern. Erbschaften, bei denen der Nachlass auf mehreren europäischen Ländern verteilt ist, werden so vereinfacht. Es muss nicht mehr in jedem Land, in dem die Erbenstellung nachzuweisen ist, ein gesondertes Dokument beantragt werden.

Erbschaftssteuerrecht in internationalen Erbfällen

Das Erbschaftssteuerrecht ist von der EU-Erbrechtsverordnung nicht betroffen. Hier gilt es den richtigen Berater zu finden. Für den Laien ist es praktisch unmöglich, sich durch die Doppelbesteuerungsabkommen, sofern vorhanden, zu kämpfen. Auch gilt es in Fällen, in denen ausländische Erbschaftsteuer bezahlt worden ist, diese richtig in Deutschland anzurechnen, wenn in Deutschland eine Steuerpflicht des Erben besteht. Die falsche Planung kann im Erbfall zu erheblichen finanziellen Belastungen der Erben führen.

Erbrecht in Italien

Das italienische Erbrecht weist im Gegensatz zum deutschen Erbrecht einige Besonderheiten auf. Das Erbrecht in Italien erkennt gemeinschaftliche Testamente (wie z.B. das in Deutschland sehr beliebte „Berliner Testament“ zwischen Ehepartnern“) sowie Erbverträge nicht an. Diese sind in Italien unzulässig. Während in Deutschland das Erbe bei Tod des Erblassers an die Erben fällt, verlangt das italienische Erbrecht die Annahme der Erbschaft durch eine besondere Erklärung. Das Pflichtteilsrecht ist in Italien wesentlich stärker ausgeprägt.

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