In dieser Woche haben Zoll, Steuerfahndung und Polizei bundesweit mehr als 90 Objekte im Reinigungsgewerbe durchsucht – mit dem Schwerpunkt München und Bayern. Rund 850 Ermittler waren im Einsatz, vier Beschuldigte sitzen in U-Haft, ein weiterer wurde im Ausland festgenommen. Es geht um den Verdacht der Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung, Vorenthalten von Arbeitsentgelt, Menschenhandel und Zwangsarbeit – und um einen mutmaßlichen Millionenschaden für Staat und Sozialkassen.
Für Arbeitgeber – insbesondere in der Gebäudereinigung, Baustellenreinigung, Bewachung und im Bauumfeld – ist das ein deutliches Signal: Die Kontrollen werden härter, die Verfahren komplexer, die Risiken persönlicher.
Dieser Beitrag richtet sich an Geschäftsführer, Inhaber und Personalleiter, die
- Subunternehmer und Servicefirmen einsetzen,
- mit vielen Aushilfen, Minijobbern oder ausländischen Arbeitskräften arbeiten oder
- aktuell von Durchsuchungen, Anhörungen oder Ermittlungsmaßnahmen betroffen sind.
Was den Firmen konkret vorgeworfen wird – und warum das viele Arbeitgeber betrifft
Nach den bisherigen Pressemitteilungen stehen insbesondere folgende Vorwürfe im Raum:
- Schwarzarbeit / Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB)
Sozialversicherungsbeiträge sollen nicht oder nicht vollständig abgeführt worden sein. - Steuerhinterziehung (§ 370 AO)
Durch Scheinrechnungen und nicht erklärten Lohnaufwand sollen Steuern verkürzt worden sein. - Einsatz von Service- und Subunternehmen mit Scheinrechnungen
Ein Hauptunternehmen soll mit mehreren Servicefirmen zusammengearbeitet haben, die Rechnungen ausstellten, hinter denen tatsächlich Schwarzlohn stand. - Ausbeuterische Beschäftigungsverhältnisse
Unterbringung von Arbeitnehmern in menschenunwürdigen Unterkünften, Löhne weit unter dem Mindestlohn, Überschreiten der zulässigen Höchstarbeitszeit, fehlende Sozialversicherung.
Wichtig: Solche Vorwürfe treffen nicht nur „kriminelle Banden“. Schon organisatorische Versäumnisse, falsche Annahmen („macht der Steuerberater schon“) oder unklare Zuständigkeiten im Unternehmen reichen, damit Geschäftsführer persönlich in den Fokus geraten.
Typische Konstellationen, in denen Arbeitgeber plötzlich im Verdacht der Schwarzarbeit stehen
Aus Verteidigungssicht sieht man immer wieder ähnliche Muster – gerade im Reinigungs- und Baugewerbe:
- Subunternehmerketten und „Servicefirmen“
- Ein Generalunternehmer vergibt Aufträge an kleinere Dienstleister, manchmal über mehrere Ebenen.
- Am Ende der Kette tauchen Firmen auf, die nur auf dem Papier existieren oder wirtschaftlich nicht eigenständig sind.
- Der Vorwurf: Scheinrechnungen und verdeckte Schwarzlohnzahlungen.
- Barlohn, „Zulagen“ und Mischmodelle
- Mitarbeiter erhalten offiziell Mindestlohn, zusätzlich aber „auf die Hand“ weitere Beträge.
- Diese Barzahlungen werden nicht oder nur teilweise versteuert bzw. verbeitragt.
- Ausländische Beschäftigte ohne saubere Dokumentation
- Fehlende oder unvollständige Arbeitsverträge,
- unklare Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnisse,
- verspätete Anmeldung bei der Sozialversicherung.
- Unklare Arbeitszeiten und fehlende Zeiterfassung
- In lohnintensiven Branchen mit Schichtbetrieb ist eine exakte Zeiterfassung Pflicht.
- Fehlt sie oder ist sie manipulierbar, unterstellt die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) oft bewusstes System.
- Unterkünfte für Arbeitnehmer
- Werden Mitarbeiter vom Arbeitgeber oder über verbundene Firmen untergebracht, kann aus überhöhten Mieten, schlechten Bedingungen oder Zwangsverhältnissen sehr schnell der Vorwurf der Ausbeutung werden.
Wie eine Razzia abläuft – und welche Rechte Sie als Arbeitgeber haben
Großrazzien wie in dieser Woche folgen meist einem vorbereiteten Ermittlungsplan der Schwerpunktstaatsanwaltschaft und des Hauptzollamts:
Typischer Ablauf:
- Durchsuchung im Morgengrauen in Geschäftsräumen, Privathäusern und Unterkünften.
- Sicherstellung von
- Computern, Laptops, Servern,
- Lohn- und Buchhaltungsunterlagen,
- Verträgen mit Subunternehmern und Servicefirmen,
- Handys der Geschäftsleitung und leitender Mitarbeiter.
- Vernehmungen vor Ort, teilweise unter erheblichem Zeitdruck.
- In schweren Fällen: Festnahme und Anordnung der Untersuchungshaft, Einfrieren von Konten und Vermögenswerten.
Ihre Rechte in dieser Situation:
- Sie haben das Recht, einen Strafverteidiger zu kontaktieren – und zwar sofort.
- Sie sind nicht verpflichtet, sich als Beschuldigter zur Sache zu äußern. Schweigen ist Ihr gutes Recht und darf nicht zu Ihrem Nachteil gewertet werden.
- Sie haben Anspruch auf Einsicht in den Durchsuchungsbeschluss und darauf, eine Durchschrift zu erhalten.
- Sie dürfen verlangen, dass beschlagnahmte Unterlagen quittiert werden.
Gerade in der Schocksituation einer Razzia machen viele Verantwortliche den entscheidenden Fehler:
Sie „erklären schnell alles“, um sich und das Unternehmen zu entlasten – und liefern der Staatsanwaltschaft damit unbewusst Bausteine für den Tatnachweis.
Mögliche Konsequenzen bei Schwarzarbeit – persönlich und fürs Unternehmen
Die rechtlichen Folgen sind erheblich:
- Strafrechtlich
- Geldstrafen in empfindlicher Höhe,
- Freiheitsstrafen – bei schweren Fällen auch ohne Bewährung,
- Haftung nach § 266a StGB (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt),
- zusätzliche Vorwürfe wie Steuerhinterziehung, Menschenhandel, Zwangsarbeit.
- Finanziell
- Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer (oft rückwirkend für mehrere Jahre),
- Säumniszuschläge, Zinsen,
- Einziehung von „Taterträgen“ und Vermögensarrest (Konten, Immobilien, Fahrzeuge, Luxusgüter).
- Beruflich & wirtschaftlich
- Ausschluss von öffentlichen Aufträgen,
- Verlust von Konzessionen und Zulassungen,
- nachhaltige Reputationsschäden gegenüber Kunden, Auftraggebern und Banken.
Deshalb ist eine frühe, strategische Verteidigung so wichtig – noch bevor Anklagen erhoben oder Haftbefehle vollstreckt werden.
Was Sie als Arbeitgeber JETZT tun sollten – auch wenn (noch) niemand bei Ihnen war
Selbst wenn Ihr Unternehmen bislang nicht durchsucht wurde, zeigt der aktuelle Fall:
Reinigungsfirmen, Bewachungsunternehmen, Bau- und Abbruchbetriebe stehen im Fokus der Ermittlungsbehörden.
Sinnvolle Schritte:
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Interne Bestandsaufnahme
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Wie werden Löhne tatsächlich gezahlt?
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Gibt es irgendwelche Barlohnmodelle, „Zulagen“, Prämien ohne Dokumentation?
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Werden wirklich alle Arbeitsstunden erfasst und abgerechnet?
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Prüfung der Subunternehmer & Servicefirmen
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Gibt es Firmen, die nur Rechnungen schreiben, aber faktisch kein eigenes Personal haben?
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Werden Gewerbeanmeldungen, Nachweise zur Sozialversicherung und steuerlichen Registrierung regelmäßig kontrolliert?
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Sind Verantwortlichkeiten im Unternehmen klar geregelt?
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Dokumentation & Compliance
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Einführung oder Überprüfung eines Compliance-Systems für Lohn, Sozialversicherung und den Einsatz von Subunternehmern,
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Schulung der verantwortlichen Mitarbeiter (Lohnbuchhaltung, Projektleitung, HR).
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Frühzeitige rechtliche Beratung
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Klärung, ob ein Selbstreinigungsprozess nötig ist,
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Bewertung, ob in bestimmten Konstellationen eine strafbefreiende Selbstanzeige oder eine andere Form der Kooperation mit Behörden in Betracht kommt (immer einzelfallabhängig!).
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Unsere Rolle als Verteidiger: Diskret, strukturiert, unternehmerisch denkend
Als auf Wirtschafts- und Strafrecht spezialisierte Kanzlei unterstützen wir Arbeitgeber im Bereich „Schwarzarbeit“ insbesondere in folgenden Situationen:
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Akute Razzia / laufende Ermittlungen
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Sofortige Kontaktaufnahme mit Staatsanwaltschaft und Hauptzollamt,
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Teilnahme an Vernehmungen, Vorbereitung von Stellungnahmen,
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Prüfung der Rechtmäßigkeit von Durchsuchung und Beschlagnahmen.
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Verteidigung von Geschäftsführern und leitenden Mitarbeitern
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Entwicklung einer individuellen Verteidigungsstrategie,
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Begleitung im Haftprüfungsverfahren,
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Abwehr oder Begrenzung von Vermögensarrest und Einziehungen.
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Unternehmensverteidigung
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Koordination zwischen Strafverfahren, Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht,
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Kommunikation mit Finanzamt, Zoll, Rentenversicherung und Berufsgenossenschaften,
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Vorbereitung auf mögliche Arbeitsgerichts- und Zivilverfahren.
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Internationaler Bezug
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Verteidigung und Beratung bei grenzüberschreitenden Konstellationen,
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Unterstützung ausländischer Unternehmen, die in Deutschland Reinigungs- oder Bauleistungen erbringen und sich plötzlich Ermittlungen gegenübersehen.
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Die aktuellen Razzien im Reinigungsgewerbe zeigen: Schwarzarbeit ist für Ermittlungsbehörden ein Schwerpunkt – mit drastischen Konsequenzen für Arbeitgeber.
Warten Sie nicht, bis morgens um sechs Uhr die Zollfahnder vor der Tür stehen.
👉 Wenn Ihr Unternehmen im Reinigungs-, Bewachungs- oder Baugewerbe tätig ist oder Sie bereits Post von Staatsanwaltschaft, Zoll oder Finanzamt erhalten haben, sollten Sie schnell handeln.
- Keine vorschnellen Aussagen ohne anwaltliche Beratung
- Keine Unterlagen „aufräumen“ – das kann neue Straftatbestände eröffnen
- Stattdessen: professionelle, diskrete Verteidigung und eine klare Strategie
Wir stehen Ihnen zur Seite
Gerne prüfen wir Ihre Situation vertraulich und besprechen mit Ihnen, welche Schritte jetzt sinnvoll sind – von der akuten Verteidigung bis zur präventiven Compliance-Beratung für Ihr Unternehmen.
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Autor: Salvatore Barba, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Strafrecht und Strafverteidiger, Barba & Partner Rechtsanwälte PartGmbB, München
Hinweis: Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.